• Ziron •
„Das Leben ist eine schwache Flamme, die jederzeit ausgeblasen werden kann. Es ist sinnlos und erbärmlich. Ich werde diese Flamme auslöschen und den Tod unter die Lebenden bringen. Denn im Tod allein finden wir die wahre Stärke.“
Ziron - der Erzliche
Was bisher geschah...
Ein kraftvoller Wind zog um die Nekropole und trug den Geruch von verwesendem Fleisch und Tod in die Welt hinaus. Das Schreien von untoten Kreaturen hallte durch Gebirgspässe und sogar der Boden bebte, als die Untoten zum Marsch ansetzten. In der Nekropole ging ein verdächtiges Knacken von Knochen durch die weiten Hallen, als der Erzliche sich aus seiner Meditation erhob. Es schien fast so, als würde der gesamte Ort und das Umland auf sein Erwachen reagieren. Mit einem fast tonlosen Gang schritt Ziron die Gänge entlang und strich mit seinen Pranken an den verschlungenen Gebeinen entlang, die in ihrer Erscheinung standhafte Mauerwerke bildeten – die Mauern der Nekropole selbst.
Ein verzogenes, fauliges Lächeln bildete sich in seinen Zügen, als sein Weg ihn zu seinem Knochenthron führte. Ein abstraktes Bild, denn einen Grund für Freude war kaum zu sehen. Nur in seinen Gedanken spielte sich der Kampf auf der Augeninsel erneut ab. Jener Tag, an den er in seiner Jahrtausende alten Existenz fast schon mit einer gewissen Art von Stolz zurückblicke, war der Kampf gegen zwei Erzmagier der Lebenden. Obwohl sie zu zweit waren, hatten sie ihn nicht überwältigen können. Doch auch konnte Ziron den Gewinn nicht für die Legion verbuchen. Was freute ihn daran? Es war die Schwäche, die Erkenntnis, dass er seine Macht noch steigern musste, um den Segen des Todes über alles Leben zu bringen.
Langsam zog er seine Kutte zurecht, ehe er seinen Leib auf den Thron brachte. Erneut war ein Raunen der wachenden untoten Horden zu vernehmen, die ihrem Meister ihre stumpfe Wertschätzung entgegenbrachten. Ziron hatte einen Plan, der Monate in seinen Gedanken reifte. Der letztliche Plan, um die Grenzen seiner Macht weiter zu steigern. Während der Belagerung der Elfeninsel Ivren’mir konnte die 66. Legion ein uraltes, einzigartiges Wesen erbeuten, das in den vergangenen Jahrhunderten und Jahrtausenden als Rhylhion bezeichnet wurde. In der Vergangenheit dominierte es die Meere – ein Wesen aus den ursprünglichen Zeiten, welches selbst im Stande war Inseln in die Umarmung der Meere zu ziehen. Selbst Ziron dachte, dass diese Wesen schon vor langer Zeit ausgestorben waren. Zu seinem Verblüffen fand er jedoch wohl das letzte Exemplar in einem Badezuber schwimmend. Es wurde geschrumpft, doch erstaunlicherweise überlebte es. Nun hatte das Wesen Glück im Unglück, denn wohl niemals hätte man daran gedacht, dass ein untotes Geschöpf jemals in die Gewalt solch alter Macht kommen würde – doch es war nur ein Tier.
Ziron befreite das Wesen aus seiner eingeengten Gefangenschaft und schenkte ihm eine Ebene, auf der es seinen Emotionen freien Lauf lassen konnte. Es musste jedoch bedacht werden, dass Wasser auf dieser Ebene existierte, damit das Leben des Wesens eine Grundlage besaß, um sich ihrer Freiheit zu erfreuen. Leben, wie erbärmlich.
Über Monate beobachtete Ziron, wie die Bewohner dieser Ebene versuchten, das Wesen in Schach zu halten. Tatsächlich konnte er sogar miterleben, wie das Wesen einen Krieg führte, in dem es ganz allein überlebte.
Stolz keimte in dem Nekromanten auf: Was könnte er nur mit diesem Wesen anstellen, wenn er es korrumpierte und gänzlich dem Willen des Liches unterwarf? Ja, er spielte mit dem Gedanken, das Wesen zu modifizieren – jedoch nicht mit den Kristallen, die einst dazu verwendet wurden, die Lebenden gegeneinander aufzubringen und damit die Legion zu stärken. Seine Forschungen waren in der Zeit der Korruption um ein Vielfaches angewachsen, und er hätte nicht einmal mehr einen Engel gebraucht, um die Mutterkristalle zu übertreffen.
Bei diesen Gedanken kramte er aus seiner Kutte ein Gestein hervor, das die Legion letztlich dazu nutzte, um Rüstungen und Waffen herzustellen – doch es verbarg um einiges mehr. Magie, die er auf den Ebenen des Lebens noch nicht zu Gesicht bekommen hatte. So wie das Gestein innenliegende Geheimnisse hatte, die es nicht so einfach offenbarten, waren auch die Gedanken des Nekromanten nicht mit einfachen Gedankenströmen zu greifen.
Das Rhylhion wie ein einfaches Wildtier auf die Lebenden loszulassen wäre nur eine Spielerei. Für Spiel und Spaß hatte die Legion und damit auch er zu viele Rückschläge in Kauf genommen. Als er das Gestein in die innenliegende Fläche seiner Pranke nahm und seine knöchelnden Finger schloss, war Ziron bereits entschlossen, welche Wege er mit dem Rhylhion gehen würde. Der rote Staub des Gesteins rieselte zu Boden, als sich Ziron aus seinem Knochenthron erhob. Vorbereitungen mussten getroffen werden.
Vor der nahenden Schlacht...
Das Leben ist ein ewiger Kampf, bei dem alle irgendwann verlieren werden. Aber ich werde derjenige sein, der über das Leben triumphiert, indem ich es ein für alle Mal auslösche. In einer Welt der Dunkelheit und des Todes werde ich über die einst Lebenden herrschen.
Ziron - der Erzliche
Blut tropfte von der Decke der Halle, als Ziron den Raum betrat. Einige seiner Untergebenen und Anhänger der Legion ritzten Symbole vergangener Zeiten in fast jedes Gebein seiner Halle ein. Schriftrollen und Artefakte wurden über dem schwarzen Granit seiner Hallen verteilt und in der Mitte des Raumes stand ein schwarzer kristalliner Altar. Zirons Gewand aus verblasstem, zerfetztem Samt schleifte über den Boden, als er seinen Weg zum Altar schritt. In seiner Pranke hielt er einen Dolch, gefertigt von den besten Schmieden der Legion. Die Waffe bestand vollständig aus Höllenstein.
So begann das Ritual, das seine Pläne mit dem Rhylhion in die Tat umsetzen würde. Die Konzentration des Erznekromanten schweifte in die Ferne, denn auch das Rhylhion wurde in den vergangenen Wochen vorbereitet, damit der Erzliche selbst nicht zu nah an dem Urwesen verweilen musste. Mit tiefen und kraftvollen Bewegungen führte der Nekromant den Dolch durch sein eigenes Fleisch, bis eine dunkle, schleimige Substanz, die nicht einmal mehr Blut ähnelte, auf den Altar tropfte. Dann folgten Worte vergangener Zeiten, während er eine Reihe von komplexen Zaubern durchführte, um mit seinem Geist nach der reinen Essenz des Rhylhions zu greifen und es sich gefügig zu machen.
Mitten im Ritual begann die Luft um Ziron Konturen anzunehmen, als würde in einer Aurenwelle der komplette Raum von dunkler Energie geflutet werden. Der Körper des Nekromanten begann zu zittern und zu beben, als er nach der Essenz griff – mehr und mehr, bis letztlich nichts mehr an Essenz in dem Urwesen steckte. Dann begann er, alles davon in sich aufzunehmen.
Die Schriftzeichen um ihn herum flackerten und in der Ferne der Nekropole erklangen die Schreie seiner Untergebenen. Über die Gebirgsketten hinweg konnte man das Brüllen der Monstrosität hören. Als die Schriftrollen letztlich ihr Wirken entfalteten und damit den Erzlichen unterstützten, erreichte Ziron einen Punkt, an dem er die Essenz des Rhylhions auf einen Schlag vollständig in sich aufnehmen konnte.
Die leeren Augenhöhlen glommen in purer Energie auf, während die Dunkelheit, die sich gerade noch im Raum ausbreitete, wie eine zweite Haut sich über den Liche legte. Er konnte die immense Kraft des Urwesens in sich spüren, wie sie sich mit seinem eigenen verband.
Ein lauter Schrei hallte durch die Hallen, bevor der Dolch aus Höllenstein wie Staub zu Boden rieselte. Erschöpft fiel der einstige Erzliche auf den Boden und wusste, dass sein Werk erfüllt war. Das Ritual hatte ihn verändert und schließlich konnte er mit Hilfe des Rhylhions eine neue Ebene der Macht erreichen. Die Unterjochung des Lebens wird bald schon beginnen...
[sämtliche Magiewirker des Landes werden hier körperlich und geistig spüren, wie sich eine dunkle Präsenz in der Ferne ausbreitet und sich bis in alle Ebenen der Magie hineinzieht. Das Gefühl von etwas schrecklichem bahnt sich an, von Macht erfüllt.]