Wolfsspuren - Alte Erinnerungen und neue Wege

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Mirja Vildaban | Vyktorya Alvlem
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Die Angst nach der Schlacht

Beitrag von Mirja Vildaban | Vyktorya Alvlem »

Irgendwann zum Morgengrauen hatte sich beinahe eine Stille über das Land gesenkt, obwohl noch immer vereinzelt die Kämpfe zwischen Dämonen und Engel um und über der Wettermaschine tobten. Vielleicht rückten die Geräusche für Mirja auch schlicht in den Hintergrund. Zu oft hatte sie Schlachtenlärm schon gehört. Und diese Nacht war ihr Fokus auch auf etwas völlig anderes gerichtet, denn es war wieder einmal Vollmond.

Das machte es für ihr inneres Gleichgewicht nicht einfacher… denn sie wusste schon am Abend, dass Pan in die Schlacht ziehen würde, die sich lange am Horizont aufgestaut hatte. Genauso lange war aber auch klar, dass der Mondzyklus einmal mehr dagegenwirken würde, dass Mirja ihm beistehen konnte oder zumindest – was ebenfalls ihr innigster Wunsch war – auf die Kinder achten konnte. So konnte sie Arken und Selenja nur mit Fenrias Erlaubnis in die Burg der Ritterschaft verfrachten. Natürlich erzählten sie den Kindern, dass auch Mamir in die Schlacht gegen die Bösen ziehen würde… Pan und sie wussten es besser. Mirja schaffte es noch ihren geliebten sturen Krieger zu verabschieden und ein letztes Mal lange anzusehen, still zu beten, ihn am Morgen, wenn der Vollmond sie aus seinen Klauen entließ, wieder lebend zu sehen.

Die gesamte Nacht nahm die Wölfin immer wieder den unnatürlichen Lärm von der Wettermaschine wahr. Auch die anderen Waldbewohner verhielten sich still, als würden sie spüren, dass irgendwas im Argen lag. Und das lag nicht an der Anwesenheit gewiss mehrerer monströser Wölfe in den Wäldern in dieser Nacht… Somit war auch die Jagd nach Beute nur von wenig Erfolg gekrönt und die Wölfin blieb hungrig und wütend zurück. Das war schlecht… sehr schlecht… denn was passierte, wenn sie wütend war, hatten sie erst vor ein paar Tagen erlebt. Und da ging die Sache noch glimpflich aus.

Selbst die Wölfin hatte wohl wenig Interesse an einer Wiederholung, weshalb Mirja am Morgen überrascht feststellte, dass sie irgendwann in der Nacht offenbar den Fluss überquert hatte und ihren Weg zum Alten Kloster gefunden hatte. Wenn man schon keine Rehe Reißen konnte, zermalmte man eben Untote zu Staub. Auch gut. Nicht… Himmel, Knochenstaub im Mund war widerlich! Aber immerhin fühlte sie sich zufriedener. Von völlig ausgeglichen konnte man wohl kaum sprechen… Das Blöde war nur: Auf dieser Seite des Flusses hatte sie keinerlei Verstecke für frische Kleidung. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als die Dämmerung zu nutzen, um irgendwie abseits der Wege wieder auf die Seite des Trolleichenwalds zu kommen und nach Hause zu wandern.

Dabei erhaschte sie immer wieder einen Blick auf die über der Wettermaschine kreisenden Dämonen und Engel. Jävla… das Herz zog sich ihr zusammen. War Pan inzwischen zurück oder lag er dort irgendwo zwischen anderen Verletzten und Toten? Sie richtete auch ihren Blick zurück nach Silberburg, doch in der Ferne konnte sie keine nennenswerten Anzeichen sehen, dass die Stadt gefallen wäre. Sie konnte also nur beten, dass alles in Ordnung und zumindest die Kinder in Sicherheit waren.

Die Sonne stand schon beinahe zur 8ten Morgenstunde, als sie endlich den Waldrand von Nordhain erreichte. Die ersten Holzfäller nahmen bereits ihre Arbeit auf, es wurde also schwieriger als nackte Frau ungesehen über den Zaun ihres Gartens zu klettern. Doch schließlich betrat sie das Haus und lauschte hinein… Bang und mit verkrampften Herzen hob sie die Stimme und rief mit Hoffnung und Angst:

„PAN?!“

Und harrte auf die Antwort…

 
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Pandor Vildaban
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Re: Wolfsspuren - Alte Erinnerungen und neue Wege

Beitrag von Pandor Vildaban »

Von einem lauten „PAN?!“ aus seinem tranceähnlichen Dämmerschlaf gerissen, vergrub der Namensträger, realitätsverweigernd, sein Gesicht tiefer ins Kissen.
Was? Wer? Wieso? Es war zu früh, zu morgen, zu bähh … und außerdem und sowieso!
Halb nuschelnd grollte die verschlafene Antwort aus dem Baumhaus
„HIEÄRrRR … OB(g)ÄÄÄHNNNnnn!“  

In voller Kampfmontur, so wie ihn die Schlacht ausgespuckt hatte, lag Pan auf, in, um und über dem Sofa.
Ein seltsamer Anblick, da man schwer einschätzen konnte, wo der Krieger begann und das Sofa endete.
Das „Krieger-Sofa-Konstrukt“ war förmlich zu einer Einheit verschmolzen.

„PANNN!!“, da war sie wieder, diese verführerisch-liebevolle … aber furchtbar aufdringliche Frauenstimme.
Dieses Mal klang sie weder angespannt, noch voller Sorge, sondern erleichtert und jauchzend.
Mirja war nicht mehr zu halten … TJSCHLAJP TJSCHLAJP TJSCHLAJP … trugen ihre nackten Füße sie in Rekordgeschwindigkeit die Stufen hoch.
Entschlossen, jedes Hindernis aus dem Weg zu räumen, riss die wilde Jägerin den Vorhang des Torbogens zur Seite.
„Paahnnnn!!“ Da stand sie und strahlte ihn aus ihren übernächtigten grünen Augen voller Liebe an.
Der Ruf der Wölfin, ihre Sorge um ihn und die Kinder, der Schrecken des erbarmungslosen Krieges, die instinktive Anspannung der vergangenen Nacht … all das Chaos an Gefühlen, fiel wie eine zentnerschwere Last von ihrem Herzen. Erlösende und trostspendende Tränen kullerten über ihre geröteten Wangen und ihr ganzer Körper zitterte an einem Stück

„Pahn … d … du bist wieder da … “, wisperte Mirja kaum hörbar.

Schlaftrunken rollte sich Pan zur Seite und blinzelte Mirja an. Seine weißen Haare hingen ihm wirr ins rußverschmierte Gesicht und ein großer Kissenabdruck klebte wie ein Stempel auf seiner Wange und seiner Stirn. Mitfühlend lächelte Mirja ihren Mann an „Du siehst so aus, wie ich mich fühle“.
„Nackt und sexy?“,  grollte der Couchbesatzer zärtlich seiner Frau entgegen und streckte ihr mit liebevollem Blick die Hand entgegen. „Komm her … ist Platz für zwei … . "

Vertrauensvoll legte Mirja ihre Hand in seine, nur um sich Augenblicke später, in Pans Umklammerung wiederzufinden.
Ruckartig zog dieser die nackte Schönheit zu sich aufs Sofa, schlang die Seite seines Umhanges um ihren Körper und rollte sich mit ihr zu einem „Pärchen-Burrito“ zusammen.
Endlich hielt er das Wichtigste in seinem Leben wieder in seinen Armen.
Pan vergrub er sein Gesicht in Mirjas roter Mähne und sog tief den Duft ihres Körpers ein.
„Du zitterst ja … harte Nacht?“, murmelte er in ihr Haar hinein.
Trotz Pandors Rüstung, schmiegte sich Mirjas Körper wärmesuchend instinktiv an ihn.
Die wohlige Wärme unter dem Umhang, Pans Nähe und sein beruhigendes „Mirja-in-die-Nackenhaare-atmen“ halfen ihr dabei sich langsam zu entspannen.
"Ja, sie war dieses Mal sehr ... unruhig..."
Tatsächlich fanden sie gemeinsam noch einige Stunden der Ruhe, bevor der zweite Tag des welterschütternden Krieges, den Clan der Vildabans ein weiteres Mal einholte.

Bei einem gemeinsamen, doch leider hastig heruntergeschlungenen Frühstück, erzählte Mirja von ihrer Nacht und Pandor vom ersten Tag der Schlacht.

Vom Kampf zwischen einem der Winde und zwei Erzengeln,
vom undurchdringbaren Kraftfeld, das Ziron um die Wettermaschine errichtet hatte,
von den vielen gefallenen und verwundeten Kämpfern, 
von der Entschlossenheit der Allianz,
von den Versuchen der Anhänger des Namenlosen die Reihen der lichten Armee durch Täuschung zu unterwandern,
von Golgas Pakt mit den Wächtern uns seinem Verrat an der Allianz,
das Fenria und Sloan, zwar lädiert, aber wohl auf waren und unglaublich tapfer und mutig gekämpft haben.

Das Schicksal der Welt stand zu diesem Zeiptunkt noch am Scheideweg.
Noch war nichts entschieden – nichts überstanden … die Mächte und Götter dieser Welt kämpften weiter, unerbittlich um die Herrschaft

 
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Mirja Vildaban | Vyktorya Alvlem
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Re: Wolfsspuren - Alte Erinnerungen und neue Wege

Beitrag von Mirja Vildaban | Vyktorya Alvlem »

Man möchte meinen, ein Krieger von seinem Kaliber hätte schon alles gesehen, alles ertragen… aber zwischen dem verdammten Selbstmordkommando und dem verhängnisvollen Gespräch mit seiner Heilerin wünscht sich Pandor gewiss an einen anderen Ort… eine andere Zeit… ja Herr Gott, vielleicht würde er die Zeit zurückdrehen, nur um….
 
RUMMS!

Zwei Wolfshunde flitzten mit eingezogener Rute die Steinstufen nach oben und verschanzten sich im kleinen Gang vor den Zimmern der Zwillinge. Um nichts in der Welt wollten sie jetzt DA UNTEN sein. Und wären die Tiere ein bisschen empathisch gewesen, würden sie wohl den armen Tropf mitschleifen. Aber der dachte natürlich nicht daran, sich irgendwie auf den Weg aus der Schusslinie zu bringen. Nein, ganz im Gegenteil! Mitten rein war er gespru… ähm… naja, also viel mehr geschlichen.

Zu mehr war ihr Ehemann nämlich derzeit nicht fähig und trotzdem stand er nun an der Haustür – im wahrsten Sinne des Wortes aus dem letzten Loch pfeifend – und war sichtlich fest entschlossen das Krankenlager „fluchtartig“ zu verlassen. Die Rechnung hatte er wohl allerdings einmal mehr ohne seine Frau gemacht. Das Scheppern von eben, war die Haustür selbst gewesen, die Mirja vor Pans Nase wieder zugeschmissen hatte und sich nun zwischen ihm und der Holzbarriere aufbaute.

Zugegeben, sein Anblick war wirklich erbärmlich: für gewöhnlich musste sie ein klein wenig zu ihm hochsehen, wenn er sich stolz vor ihr aufbaute. Heute scheiterte sein Versuch kläglich, als er sich aufrichten wollte und seine zerborstenen Rippen ihn mit einem unterdrückten Zischen wieder in sich zusammenfallen ließen.

„Du wirst verdammt nochmal nirgendswo hingehen!“, herrschte die Rothaarige ihren Mann an, die Hände in die Hüften gestemmt. Angriffslustig funkelte sie den Invaliden an. Gewiss war das alles andere als fair, aber - Himmelherrschaftszeiten – eine andere Sprache verstand der Sture Kerl sowieso nicht. Pan nuschelte irgendwas von Heiler. „DEN Kann ich dir auch hierher bestellen? Wen willst du? Die Bürgermeisterin? Sloan? Völlig egal, ich schleif sie dir alle hierher, aber DU wirst verdammichnochmal deinen Arsch da vor den Kamin pflanzen!“

Pans Augenbrauen senkten sich zu einem finsteren Blick – nichts neues dieser Tage und auch der Streit war gewiss nicht der erste, wenn der renitente Patient wieder mal die Fürsorge seiner Frau hinter sich lassen wollte. Was ihn heute rettete, waren die Stimmen der Kinder und der Hausherrin im Hof. Fenria war mit den Zwillingen vom Markt zurück. Mirja warf Pan einen wütenden Blick zu: „Das letzte Wort ist darüber noch nicht gesprochen!“

Dann setzten die Eltern simultan die verdächtige ‚Alles-in-bester-Ordnung‘-Miene auf, als sich die Tür hinter Mirja öffnete. „Mamir! Papan!“, riefen Arken und Selenja im Chor, aber stoppten direkt. Naja, Kinder spürten eben genau, wenn etwas nicht stimmte. „Wieso steht ihr hier um Flur herum?“, hakte Selenja misstrauisch nach, während Arken einen fachkundigen Blick aufsetzte und in allerbester Magiermanier die Erwachsenen taxierte. „Streitet ihr?“, schlussfolgerte der Möchtegerndetektiv. „Nein!“„Ja!“ – nun, an der Einigkeit ob man Kinder nun belügen sollte oder nicht, musste das Elternpaar definitiv immer noch arbeiten.
„Papan geht nur ein wenig IM HAUS spazieren.“, ein mahnender Blick zum Vater.
„Wollt nur frische Luft schnappen.“, grinste dieser schief vor sich her.
„Was habt ihr denn Tolles auf dem Markt gefunden?“, eine schlechte Ablenkung, aber besser als gar keine. „Ist Oma Fenria nun arm?“

Unter den misstrauischen Blicken der Kinder, ließen sich die Eltern die heutige Beute vom Markt zeigen. Irgendwann zog Pan sich zurück, mit der Ausrede, sich wieder hinzulegen. Die Kinder gaben sich damit zufrieden, doch die zurückgebliebenen Frauen tauschten lediglich wissende Blicke. Nicht viel später hörte Mirja das verräterische ‚Klick‘ der Haustür. Der Tor war ihnen entwischt. Mal wieder.

„Du wirst ihn nicht mehr ändern, Kindchen… gib ihm Zeit, dann schaff ihn wieder heim.“, beschwichtigte ihre Ziehmutter Mirjas Wut. Und im Grunde hatte die Alte Recht.

Ehrlich gesagt, war sie auch nur im zweiten Schritt wütend auf Pan. Viel mehr gab sie sich selbst die Schuld. Dieser verfluchte Drache… sie war vor Angst erstarrt und hatte ihre Waffe verloren… aber verdammt, es war nicht der erste Drache dem sie Auge in Auge gegenüberstand. Was hatte sie so hilflos gemacht? Aber sie war ihm entkommen. Dank der Jagdgruppe und Golgas Hexerei. Und sie hatten geglaubt, dass der Rückzug gelungen war… aber dieses Vieh war ihnen gefolgt… Pan warf ihr seine Rune zu… befahl ihr zu fliehen. Und sie gehorchte… verdammt nochmal… statt ihm beizustehen, gemeinsam zu fliehen… war sie abgehauen. Als sie ihn mit gebrochenem Arm und zerschlagenen Rippen nach Hause brachten, war es beinahe zu viel für sie. Er war am Leben… ja… aber nur knapp.

Beinahe war sie versucht, ihm erneut ihren Fluch anzubieten, in der Hoffnung, dass das Wolfsblut ihn heilen würde. Aber sie schwieg. Er hatte es einmal ausgeschlagen, oder viel mehr, die Entscheidung noch offen gelassen. Er lebte… und wenn er Ruhe geben würde, dann würde alles verheilen… es würde Zeit brauchen… vielmehr, als derlei Verletzungen bei ihr gedauert hätten. Jävla… wären die Rollen doch nur vertauscht gewesen, dann wär der Ausgang der Jagd nichts weiter als Stoff für eine Ballade gewesen… so war es ein Albtraum aus Schuldgefühlen und Angst, aus dem sie nicht aufzuwachen schien.

Sie gab Pan eine Stunde, dann gab sie vor noch ein paar Besorgungen zu machen und machte sich auf die Suche nach ihrem geliebten Sturkopf. Weit konnte er ja nicht gekommen sein…

 
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Mirja Vildaban | Vyktorya Alvlem
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Re: Wolfsspuren - Alte Erinnerungen und neue Wege

Beitrag von Mirja Vildaban | Vyktorya Alvlem »

Ungewohnte und gleichzeitig wohlbekannte Geräusche weckten die Rothaarige am Morgen. Ungewöhnliche Helligkeit strahlte auf sie nieder und ließ sie verschlafen blinzeln. Wie spät zum Teufel war es? Reflexartig tastete sie neben sich und hörte das mürrische Grunzen und spürte, wie Pan sich unter der Decke bewegte, als sie ihn mit der Berührung weckte. Gut, zumindest er war noch da. Langsam erfasste sie auch die Umgebung. Das Tavernenzimmer in Silberburg.

Mirja war in der Nacht neben ihrem Mann in einen Traumlosen Schlaf gefallen, nachdem sie ihn am Abend endlich in der Burg - statt in seinem Krankenzimmer im Heilerhaus - aufgestöbert hatte. Es hätte sie nicht verwundern dürfen, dass dieser Sturkopf sich nicht von einer Operation ans Bett fesseln ließ, dennoch war sie so maßlos verängstigt, als die Heilerin und die Wache ihr bestätigten, dass er sich von nichts und niemandem hat aufhalten lassen. Wo zum Henker war er? War er irgendwo in einer Gasse zusammengebrochen? Vielleicht schon wieder auf irgendeinem Schlachtfeld? Nein... kreidebleich hockte er auf einer der Zuschauerbänke beim Treffen der Allianz. Am liebsten hätte sie ihm den Kopf abgerissen, aber dafür war nun weder Zeit noch Ort. Das, was auf dem Treffen besprochen wurde, war nun auch nicht wirklich erbaulicher.

Seufzend schälte Mirja sich aus der Decke und beobachtete ihren Mann. Er dämmerte noch vor sich her, noch immer sichtlich mitgenommen und gezeichnet von seiner Verletzung, aber sie musste zugeben, was auch immer man mit ihm angestellt hatte... er sah viel besser aus als noch vor einigen Tagen. Es würde bergauf gehen.

Sobald er ausgeschlafen und sie sich gestärkt hatten, würden sie sich auf den Weg nach Winterberg machen. Hoffentlich schaffte der Reisemagier ein Portal, sonst würde es ein verdammt langer Weg für Pan werden. Und dann mussten sie irgendwie den Zwillingen beibringen, dass sie nun schon wieder umsiedelten. Fenria wollte Winterberg evakuieren und Mirja hatte nicht vor, sich gegen Fenrias Befehle zu stemmen, im Gegenteil. Sie sollten als Familie der Truchsess mit gutem Beispiel voran gehen. Am liebsten würde sie Pan schon hier in Silberburg lassen, aber die Zwillinge würden sich vermutlich nur gemeinsam überzeugen lassen, vor allem Selenja trauerte sehr um Nordhain und hatte Angst, dass sie wieder auseinander gerissen wurden. Darum mussten die Eltern zusammen stehen.

 
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Mirja Vildaban | Vyktorya Alvlem
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Wolfsspuren im Schnee - von Wut und dem Wunsch nach Normalität

Beitrag von Mirja Vildaban | Vyktorya Alvlem »

Wut floss durch ihre Adern und ließ sie am gesamten Leib beben. Ein Gefühl, was sie schon länger nicht mehr auf diese intensive Weise empfunden hatte, insbesondere, seit sie mit den anderen Wölfen den Segen des Wolfsgeistes empfangen hatte. Seitdem schien die Wölfin in ihr nur noch träge vor sich her zu dämmern, als halte sie Winterschlaf. Doch jetzt hob sie ihr Haupt und zog verärgert die Lefzen hoch.
Fenria hatte es nicht für notwendig gehalten, ihre eigene und älteste Ziehtochter über diesen Schritt einzuweihen. Selbst Sloan habe den Termin angeblich erst kurz vorher erfahren. Nun, da war Sloan ihr etwas voraus: Mirja wusste gar nichts davon und hätte es vermutlich auch als Letzte erfahren, wäre sie ihrer Ziehschwester nicht im Bankhaus über den Weg gelaufen. Aber anstatt Fenria schließlich in der Heilstube von einer Armada aus Heilern und Fachkundigen vorzufinden, drückten sich dort nur ein verdammter Priester, Nagron und Mara herum. Was dachte Fenria sich eigentlich? Jetzt half in Mirjas Augen wirklich nur die Sturheit der Alten, damit Fenria dieses wahnwitzige Prozedere gut überstand.
Neben dieser Torheit war Mirja auch darüber wütend, völlig außen vor gelassen zu sein. Dass Fenria so etwas plante hatte Pan ihr schon vor ein paar Tagen erzählt. Aber dass der Plan schon soweit ausgereift war… nein, das hätte Mirja nicht mal im Traum erahnt. Aber vermutlich hatte Sloan Recht: Wenn sie es früher gewusst hätten, hätten sie versucht es zu verhindern… oder zumindest für mehr Fachpersonal gesorgt!
Aber das änderte auch nichts an ihrer aktuellen Wut. Sie musste sich abreagieren. Auf die Schnelle konnte sie weder Pan noch die Zwillinge finden, also hinterließ sie eine kurze Nachricht an ihrem üblichen Platz und machte sich auf den Weg in den Norden. Die Eiseskälte würde schon dafür sorgen, dass sich ihr Gemüt abkühlte, während die Wolfspfoten sich in den Schnee und die Wolfsfänge sich in Harpienleiber gruben…

Erst in den frühen Morgenstunden kehrte sie nach Solgard zurück. Schlaf hatte sie kaum gefunden, aber sie vermisste ihn auch im Augenblick nicht. Ihr erster Weg führte ins Heilerhaus. Nun, immerhin war Fenria noch da. Sie hätte dem sturen Weib zugetraut, sich klamm heimlich davon zu stehlen, um irgendwo still zu leiden. Aber vermutlich hatte man ihr vorsorglich genügend Schlaf- und Schmerzmittel verabreicht, um genau das zu verhindern. Jedenfalls schlief die Patientin tief und fest und erholte sich immer noch von ihrer Tortur.
Nachdem Mirja einige Zeit neben der Schlafenden gewacht hatte, war es an der Zeit den Rest der Familie zu finden. Fündig wurde sie am Hafen. Mit Picknickkorb, Angelrute und Flöte bewaffnet hatten die übrigen Vildaban sich zu einem Frühstück am Landungssteg entschlossen. Arken übte sich darin, seinem Vater jede Ruhe abzuringen, während dieser sich redlich mühte, seinem Sohn das Angeln beizubringen. Was der arme Tor von Vater nicht wusste: Der Bursche hatte heimlich geübt und führte seinen Vater nun trefflich an der Nase herum, indem er sich mit voller Absicht ungeschickt angestellte – woher er das wohl hatte? Lenja dichtete derweil ein neues Lied über einen Froschhelden und jedes Mal klangen die Strophen ein wenig anders. „Mamir, wo warst du?“, natürlich war ihnen ihre Abwesenheit aufgefallen. Also erzählte sie von ihrem Abenteuer im Schnee… selbstverständlich, ohne das Fell und die übrigen Wolfsmerkmale oder gar den Grund für ihren Wutausflug zu erwähnen.

Es ging langsam auf den Nachmittag zu. Pan machte sich gerade auf den Weg, um noch einige Dinge zu erledigen und eine Gruppe weiterer Kinder im Alter der Zwillinge tauchte auf, um die Vildaban-Sprösslinge zum Spielen einzuladen. Selenja, die insbesondere ihre Freundin Meli vermisste, freute sich riesig und sagte sofort zu. Arken musste von ihr ein wenig überredet werden, aber schließlich trottete er ihnen dann doch hinterher. Damit blieb also Mirja allein zurück. Mit den Resten des morgendlichen Ausflugs bepackt, schlenderte sie gemächlich umher, bis ihre Füße sie unbewusst zu einem bestimmten alten, zerfallenen Hof führten.
Still stand sie einige Momente am baufälligen Zaun und betrachtete das kleine Anwesen und den Blick über das Meer hinaus. Seit sie es entdeckt hatte, träumten sie und Pan davon, diesem Haus Leben einzuhauchen. Es wäre perfekt: Innerhalb der schützenden Stadtmauern, aber doch weit genug vom Trubel entfernt. Keiner wusste so recht, wann endlich Grund- und Boden für die Bürger freigegeben wurden und in welcher Form es verteilt wurde. Aber sie hoffte sehr, dass es ihr und Pan gelingen würde, diesen Hof für sich zu erstehen. Um endlich wieder Normalität zu finden…

Genau das war auch das Thema des Abends, als sie mit Pan wieder auf Sloan trafen. Normalität. Das wünschten sich viele, doch schien es – so Sloans Worten – als verfalle man auch in eine gewisse Apathie. Man nahm es hin, wie es war und werkelte vor sich her. Stück für Stück wurden Gebäude instandgesetzt, die aus Sicht Serafims wichtig waren. Nun… offensichtlich war eine Kirche und ein Rathaus wichtiger, als Dächer über den Köpfen der Bürger – aber das war wohl Ansichtssache. Vielleicht hatte er einen Triftigen Grund dahinter. Vielleicht aber auch nicht. Seit Alirion hatte Mirja längst aufgehört sich über die Entscheidungen von Obrigkeiten aufzuregen, wie wohl viele andere auch. Ein Glück… zumindest noch. Ein Aufstand wäre das letzte, was sie sich jetzt wünschte, auch wenn Pan Recht hatte: vielleicht sollten mal ein paar Bürger Herrn Sala darum bitten mal seine Badewanne benutzen zu dürfen…

 
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